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4.1. Die ältesten romanischen Texte

Weitere Entwicklung

Unter Vulgärsprachen verstehen wir im Mittelalter vor allem die im Alltag gesprochene Sprache des Volkes. Zunehmend finden wir sie aber auch in Schriften mit alltäglich-praktischen wie auch religiösen Anliegen. Wie aber steht es mit der Literatur?

Sprachgebiete

Schon nach 1100 blüht im galloromanischen Gebiet (d.h in Nordfrankreich, im provenzalischen und frankoprovenzalischen Gebiet) eine reiche literarische Tradition auf. Zu erwähnen sind die provenzalische Liebesdichtung und die ersten religiösen und epischen Erzählungen in Liederform im Norden (Chanson de Roland, Chanson de Saint Alexis) sowie die Romans chevaleresques, welche die Tradition der Ritter des Königs Artus erzählen.

Nach 1200 findet man auch im spanischen und portugiesischen Gebiet eine reiche Literatur. Denken wir zum Beispiel an das epische Werk „Poema de Mio Cid“ in Spanien oder in Portugal an die satirisch-politische „Cantiga“. Den Anfang der italienischen Literatur datiert man ebenfalls auf die Zeit um 1200: So entstanden zum Beispiel der „Cantico delle Creature“ von San Francesco d’Assisi und in Sizilien die „Scuola poetica siciliana“ zur Zeit Friederichs II.

Nach 1300 reduziert sich die Produktion im galloromanischen Gebiet:

  • Der Kreuzzug der Ritter aus zentralen und nördlichen Gegenden gegen die Sekte der Katharer im Süden Frankreichs um 1200-1250 kam einem Völkermord gleich. Dies hatte einen Rückgang der reichen literarischen Produktion in provenzalischer Sprache zur Folge. Sie bestand hauptsächlich aus Minnedichtung und nahm europaweit bedeutenden Einfluss auf die Literatur, so z.B. auf die italienische „Scuola poetica siciliana“ am Hof von Friederich II., und damit auf die italienische „Scuola poetica siciliana“. Heute wird Provenzalisch nur noch von wenigen gesprochen und ist eine vom Aussterben höchst bedrohte Sprache.
  • Der Hundertjährige Krieg schwächte den Norden zusätzlich.

Im Gegensatz dazu steht Italien, wo Dante, Petrarca und Boccaccio die zukünftige literarische Produktion im In- und im Ausland massgeblich beeinflussen. So zum Beispiel inspirierten Boccaccio’s Novellen die Canterbury Tales von Geoffrey Chaucer.
Folgendes Diagramm zeigt - auf eine sehr vereinfachte Weise - die oben beschriebene Entwicklung der Literaturproduktion in den Sprachen Spanisch, Italienisch, Französisch und Provenzalisch.


Diagramm

Die Literatur hat mit der Zeit, wohl kaum absichtlich, eine beispielhafte Funktion. Die Sprache der schönsten literarischen Werke wird imitiert und dient später als Grundlage für die Schaffung von Wörterbüchern.

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